Podiumsdiskussion „Wir ziehen um.“ Bedrohtes Gewerbe in begehrten Stadtteilen

Mieter von Wohnungen werden durch Mietpreisbremse, einen Mietspiegel, Wohngeld und weitere Maßnahmen geschützt. Bei Gewerbemieter*innen sieht es jedoch anders aus. Die Miete von gewerblichen Flächen ist frei vereinbar, was in begehrten Stadtteilen (Klein-)Gewerbebetreiber*innen unter Druck setzt. Daher ist die Diskussion um ein Gewerbemietrecht im vollen Gang, so hatte die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen zwei Fachgespräche zum Thema Gewerbemietrecht organisiert um unsere Ideen und unseren Vorschlag für ein Gewerbemietrecht zu diskutieren. Ich war eingeladen am 11. 03.2020 unsere Position beim Deutschen Institut für Urbanistik auf dem Podium zu vertreten.

In Berlin beispielsweise liegt die durchschnittliche Spitzenmiete für den Einzelhandel seit 2016 bei 310€ pro Quadratmeter. Im Rahmen des Difu-Dialogs wurde speziell die aktuelle Lage von (Klein-)Gewerbebetreiber*innen in Berlin eingegangen. Hier sehen viele Einwohner die Entwicklung ihres Stadtteils in Gefahr: Ausschließlich auf Touristen abgestimmte Angebote verdrängen Kleingewerbe. 

An der Diskussion teilgenommen haben neben mir noch ein Vertreter der IHK, der Referatsleiter der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe Berlin, sowie der Bezirksstadtrat Friedrichshain-Kreuzberg.

Nach viel Leerstand und günstigen Mieten wurde in Berlin zu spät reagiert, um die große Anziehungskraft zu bändigen, so der Referatsleiter der Senatsverwaltung. Kleingewerbe wird zusätzlich nicht nur von größerem Gewerbe, sondern auch von Wohnungen verdrängt. Die Flächenkonkurrenz sei einfach zu groß. Auch der Bezirksstadtrat sieht die „Kreuzberg-Mischung“ bedroht und warnt vor touristischer Monokultur. Es müsste in einem ersten Schritt festgestellt werden, wer bzw. was überhaupt schützenswert ist. 

Der Grüne Vorschlag für ein Gewerbemietrecht soll sich an den bestehenden Regelungen zur Mietpreisbremse bei Wohnimmobilen orientieren. Er beinhaltet die Einführung eines Gewerbemietspiegels. Zusätzlich soll den geschützten Gewerbetreiber*innen ein Kündigungsschutz und die Möglichkeit der Verlängerung des Mietvertrages zustehen. Als schützenswert wird definiert, wer eine Quadratmeterfläche von 250 m² mietet, nicht mehr als neun Mitarbeiter*innen beschäftigt und weniger als 2 Millionen € Jahresumsatz hat. Außerdem sollen anerkannte private Träger der Wohlfahrtspflege und sozialer Einrichtungen, sowie Kunst-Handwerksbetriebe und Kultureinrichtungen geschützt werden. 

Die Gewerbemietpreisbremse soll mit Hilfe der Landesregierungen umgesetzt werden. Diese sollen besonders angespannte Regionen definieren können, um vor Ort eine Gewerbemietpreisbremse realisieren zu können. Hierbei soll auch darauf hingewiesen werden, dass es sich bei dem Problem der Gewerbemiete keineswegs um ein reines Berliner Problem handelt: Auch mittlere und kleinere Städte klagen über wegziehende (Klein-)Gewerbe. 

Dennoch sollte auch weiterhin bedacht werden, dass Schutzmechanismen auch immer zwei Seiten haben und dass auch den Vermietern nicht zu viel aufgelastet werden kann. Deswegen sollte möglichst viel auf freiwilliger Basis geschehen.

Hier findet ihr unseren Entwurf für ein Gewerbemietrecht.

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